Ende der Welt
Reisebericht von Kai-Uwe Thiessenhusen
Anhang: Was sonst noch passierte.
Hier mal eine Aufstellung, was so eine Reise ans Ende der Welt
so kostet: (paar kleine Ungenauigkeiten bitte ich zu korrigieren)
Berlin-Kaliningrad: 27,15Euro (BC+ Railplus)
(bzw. 21.75 BC+ < 26-Tarif PKP),
hinzu kommen Liegekarten. (14 Euro oder so)
- Selenogradsk: 0,7 Euro (Vorortzug, 20 Rubel)
- Klaipeda 2,3 Euro (Bus, 71 Rubel)
- Riga 8 Euro (Bus, Lietas)
- St. Petersburg 31 Euro (21 Lat, Zug, "plazkartnyj"-Wagen).
- Apatity 22 Euro (678 Rubel, Zug "Kupe")
- Kola 12 Euro ( Rubel, Zug, "plazkartnyj")
- Nikel 1,5 Euro (28+18 Rubel, Zug, "obstschij")
Macht also gut 110 Euro einschließlich dreier Liegewagen-Fahrten.
Zurück wird es aus verschiedenen Gründen deutlich teurer.
Im Busbahnhof von Nikel.
Und dieses gilt gleich für den ersten Teil:
[Nikel - Murmansk, Bus 14.15 - ca. 19.45 ]
Statt 46 Rubel kostet eine Fahrt 130 Rubel, plus noch einige mehr
für's Gepäck. Ist der Preis der Grund, daß viele den viel langsameren Zug
nach Sapoljarnij und Nikel genommen haben?
Ein Bus aus russischer Produktion (morgens sahen wir dagegen einen Ikarus
im Einsatz auf dieser Relation). Gut, daß wir schon Karten haben: es wird
voll. Mit einer Viertelstunde Verspätung geht es los. Ehrenrunde durch
die Stadt, und über einen Berg mit schönem Ausblick auf Stadt und Werk,
und Norwegen in der Ferne.
Dann nach Osten. Nach 30km ist Sapoljarnyj erreicht, dort sehr reger
Fahrgastwechsel. So rege, daß sich die Fahrgäste im Gang stapeln. Der
Fahrer hat nun den Überblick verloren. Die örtliche Deshurnaja schmeißt
alle Stehenden 'raus und macht erstmal eine Komplettkontrolle der
Fahrscheine. Dann dürfen die Gangpassagiere wieder rein. Am Füllungsgrad
ändert die Aktion nichts, an der Verspätung des Busses dagegen sehr wohl.
Petschenga.
Ein Schild: hier in der Gegend war eine der ersten Siedlungen auf der
Kola-Halbinsel. Eine alte Kirche soll es hier noch irgendwie geben.
Petschenga zählte bis Anfang des 20. Jahrhunderts zu den gerade mal
vier halbwegs größeren Siedlungen auf der Halbinsel, neben Kola,
Kandalakscha im Süden und Alexandrowsk an der Nordwest-Ecke der
Kola-Bucht. Dann brauchte im ersten Weltkrieg der Zar einen eisfreien
Hafen, das heutige Murmansk entstand, die Bahn nach Petersburg kam,
und entlang der Bahn einiges an Siedlungen. Und dann, wie schon
erwähnt, einiges mit der Entdeckung der Bodenschätze im Chibiny-
Gebirge, bei Montschegorsk oder in der Petschenga-Region.
Obwohl dies ein geschichtsträchtiger Ort ist, scheint es doch vernünftig
gewesen zu sein, hier nicht auszusteigen. Ob wir es gedurft hätten,
weiß ich nicht. Aber zahlreiche Panzer, teils in Parallelfahrt, diverse
marschierenden Truppen und Wachsoldaten allerorts machen nicht den
Eindruck, als seien sie nebenberuflich als Fremdenführer tätig.
Wir kreuzen das Gleis. Das nördlichste der Welt, zumindest was
Nicht-Inselnetze betrifft. Es ist sichtlich befahren. (Gab es hier jemals,
und wenn ja bis wann, regulären Personenverkehr?) Auch das Gleis ist
eingerahmt von marschierenden Soldaten.
Kurz hinter Petschenga eine Siedlung namens "Sputnik", anscheinend auch
für Armisten und ihre Familien, versteht sich. Nachdem in Petschenga schon
einige ausstiegen, wird nun der Bus richtig leer. Auf dem langen Stück
weiter nach Murmansk sind vielleicht nur ein Drittel der Sitze gefüllt.
Und die (besiedelte) Petschengaregion ist zu Ende, es folgen
150km Landschaft satt. Wir verziehen uns auf die hinterste Bank,
mit Blick nach hinten.
Zwischen durch mal ein Halt. Titowka nennt sich das (nach einem
kleinen Flüßchen, eine namensgleiche Station gibt es weiter südlich
an der Nikel-Bahn), ein Cafe.
Pinkelpause, fast an der nördlichsten Stelle der ganzen Fahrt.
Der Nordpol der Fahrt. Wenn auch ohne Bahn. Pause in Titowka.
Dahinter... Grenzkontrolle. Ein Posten auf der Straße, Grenzer steigt
ein, allgemeine Paßkontrolle. Anscheinend beginnt (oder endet aus
unserer Sicht) das Grenzgebiet. Bei uns läuft es ohne Probleme,
ein vor uns Sitzender wird erst einmal 'rausgeholt und darf erst
nach längerer Diskussion wieder 'rein.
Die Landschaft ist sehr verschieden von der an der etwas weiter südlich
verlaufenden Bahnstrecke. Führt diese meist durch Wald, so geht die Straße
durch richtige Tundra. Baumarm (und Bäume und Sträucher, die dort stehen,
tragen schon Herbstlaub), einige kleinere Seen, Hügel, sogar Felsen.
Einzige Zeugnisse der Zivilisation sind Radaranlagen auf den Bergen und
andere Militärobjekte.
Irgendwann kreuzen wir ein Gleis; der Eisenbahnatlas schweigt sich
darüber aus; lt. der Supermap
http://www.parovoz.com/maps/supermap
gibt es ein Nicht-Staatsbahn-Gleis noch an die Küste. Auf der
ansonsten guten Landkarte der Murmansker Oblast ist es nicht
drauf.
Der Bus tut sich mit dem Verspätung aufholen schwer: bergauf
kommt man nur mit großer Mühe. Der Fahrer versucht das durch
einen entsprechenden Fahrstil wieder wettzumachen. Folge:
ein Uralt-Lastwagen voll Stroh wird zu eng überholt und es kommt
zur Flankenfahrt.
Wir fahren weiter, aber als der Bus den nächsten Berg geschafft
hat, wartet er doch auf den Lastwagen. Disput der Fahrer, und
irgendwann geht's weiter.
Später fangen dann wieder die Wälder an. Der Herbst ist zu Ende, die Bäume
wieder grün. Es geht bergab, und dann vor uns Wasser. Die Bucht von Kola.
Gegenüber liegt Murmansk, aber wir müssen noch die ganze Bucht umfahren.
Kurz vor Kola-City deutet eine Brückenbaustelle darauf hin, daß sich der
Weg in absehbarer Zeit verkürzen könnte.
Und dann Murmansk, Gorod Geroi, wie überall groß geschrieben steht,
Heldenstadt, nach den Kämpfen im 2.Weltkrieg. Längere Fahrt durch die
Stadt, dann endet der Bus direkt vor dem Bahnhof.
Als die ersten Folgen dieses Reiseberichtes schon geschrieben
waren, stieß ich auf einen englischen Reiseführer, in dem stand,
was der Name der Stadt bedeutet: "Murman" stammt aus der Sami-Sprache und
heißt "edge of the world".
Der Bahnhof scheint der Gründungszeit der Stadt zu stammen; ein
architektonisch durchaus ansprechendes Bauwerk mit einem tempelartigen
Rundbau samt roten Stern auf der Spitze. Fotografisch am besten
(sonnenrichtig) gegen 23.30 Uhr umzusetzen, doch dafür ist es schon zu
spät im Jahr.
Bf Murmansk.
Bahnhofsbesichtigung, mit rationalem Hintergrund: Als
erstes wollen wir (außer mir, der alles gerne wieder auf "morgen"
verschieben möchte) Fahrkarten für übermorgen früh kaufen.
Wenig erfolgreich gestaltet sich Thomas' Versuch, am nebenan
liegenden Busbahnhof Busfahrkarten
nach Rovaniemi zu bekommen. Die Dame macht gerade den Schalter
zu. Immerhin erfährt man, ja, der Bus, fährt Montag früh, ja,
es gäbe genug Karten.
Dann versuchen es Florian und ich für den Zug nach Süden. Das geht
problemlos, sieht man von der Wartezeit ab, die sich dadurch verlängert,
daß immer wieder Leute für den Zug "jetzt" sich erstmal von der Seite
anstellen. Aber eine knappe Stunde später ist alles erfolgreich geschafft.
Plazkartni gab es nicht mehr, nur Kupe, was für eine Tagesfahrt eigentlich
nicht so wichtig ist, aber was soll's.
Der Bahnhof: von außen, wie gesagt, recht repräsentativ. Innen
auch ok., was das Vorhandensein von Infrastruktur angeht. Die
Gleise liegen in einem Einschnitt, zwei Fußgängerbrücke
führen drüber. Gleisseitig ist der Bahnhof eher klein, Hausbahnsteig
und ein Inselbahnsteig, das wars. Die Gütergleise liegen separat
dahinter.
Hotelsuche.
Lonely Planet behauptet, das Hotel "69 Parallel" im Süden der Stadt
sei relativ preiswert, und so nehmen wir einen O-Bus dahin.
In der Tat ist es alles andere als überteuert; sogar billiger, als
im Buche steht: Dreibettzimmer für 240 Rubel pro Nase. (In der Stadt, so
lernen wir später, soll es auch billigere Zimmer für 100 Rubel
geben).
Und dafür nichts mit Pensionscharakter, sondern ein "richtiges"
relativ großes Hotel.
Wir hatten den Hotelnamen eigentlich auf den Breitengrad bezogen,
aber er scheint noch eine andere Bedeutung zu haben. Der junge Portier
versucht jedenfalls recht nachdrücklich, uns russische Frauen für 400 Rubel
die Stunde anzudrehen, und er läßt sich nur sehr schwer abschütteln.
Unsere kulturellen Aktivitäten beschränken sich auf das Restaurant,
einen dunklen Raum mit breiten Sesseln. Essen gut, irgendwann geht
Diskomusik los, ein paar Leute tanzen, dann dreht einer leise, ein
anderer lauter...
Für dieses interessante Programm steht nachher ein Kulturzuschlag auf der
Rechnung.
Der Portier hat gewechselt, und der nun Diensthabende ist weniger
penetrant hinsichtlich der Frauenvermittlung.
Sonntag, 25.8.
Strahlender Sonnenschein, und die Polarsonne heizt die Luft auf
im Verlaufe des Tages auf (zumindest subjektiv) weit über 20 Grad.
Frühstück im Hotelcafe,
Obus zum Bahnhof, Busfahrkartenkauf für den Bus nach Rovaniemi
am Bahnhof.
Im Unterschied zum Vorabend lange Schlange. Wieder diverse
Vordrängler zum Bus "sofort". Und als man dann 40 Minuten
später dran ist, so ist man doch nicht dran. Rovaniemi: am
Nebenschalter! (Obwohl groß dranstand: Rovaniemi würde es
an *diesem* Schalter geben).
Der Nachbarschalter war die ganze Zeit auf, aber die Verkäuferin
war aus irgendwelchen Gründen meist beschäftigungslos. Hätte
man sich die ganze Warterei sparen können. In den letzten
Minuten hat sich auch dort eine stattliche Schlange gebildet.
Natürlich stellt man sich nun nicht nochmal an, sondern vorne
hin. Und dann gibt es eine Fahrkarte nach Rovaniemi für
umgerechnet 70 Euro.
Zwischendurch Zeit, die Aushänge zu studieren. Einer weist
auf die Sperrgebiete hin, die Auswärtige nur mit Sondergenehmigung
betreten dürfen. Fast alle liegen an der Nordküste der Halbinsel.
Interessanterweise findet sich in der Liste kein Hinweis auf
Seweromorsk, dem U-Boot-Hafen ein Stück nördlich von Murmansk.
Sapoljarnyj und Nikel stehen noch auf der Liste drauf, sind
aber durchgestrichen, also anscheinend seit kurzem freigegeben.
Mit einem Kleinbus einer Stadtlinie nach Kola. Relativ
reger Betrieb, die Busse fahren über Kola weiter zum
Flughafen nach Murmashi.
In Kola Zeit für Einkäufe und ein Bier am Einkaufszentrum,
dann zum Abzweig der hier schon ausführlich beschriebenen
nördlichsten Eisenbahn der Welt. Dort findet sich ein ganz
nettes Motiv, und es kommt *der* Personenzug, der einzige
des Tages, nach Nikel, versteht sich. Es ist Sonntag,
und da hat man auf Knastwagen, Laden und Packwagen
verzichtet, nur die beiden Personenwagen hängen hinter
der Taigatrommel.
Murmansk eignet sich eigentlich optimal für einen
Nahverkehr per Bahn. Die Stadt zieht sich in Nord-Süd-
Richtung entlang der Bucht, der Hauptbahnhof liegt
zentral im Stadtzentrum und Nachbarorte wie Kola im Süden und
Seweromorsk werden ebenfalls von der Bahn erschlossen.
Allein, es gibt keinen Nahverkehr. Außer dem 6x wöchentlichen
Paar nach Nikel gibt es lt. Aushang in Kola nur noch ein Paar
Mo-Fr nach Olenogorsk. Letzteres ist aber in Murmansk auf keinem
Aushang zu finden.
Aber es gab ihn mal: diverse Bahnsteige entlang der Strecke
im Stadtgebiet deuten darauf hin, auch in Kola findet sich
an der Hauptbahn kurz hinter dem Abzweig der Strecke nach
Nikel ein Bahnsteig, weit günstiger zur Stadt gelegen, als
der Bahnhof Kola.
Ich vermute, daß der Vorortverkehr mit der Stromumstellung
auf der Hauptbahn und dem daraus resultierenden Fahrzeug-
mangel eingestellt wurde.
Man berichtet zwischen Streitereien zwischen der
Eisenbahnverwaltung und der
des Murmansker Gebietes; in diem Zusammenhang auch
die Einstellung der Elektrischkas nach Kirowsk.
Muransk Panorama von Kola aus.
Direkt südlich der Stadt ein Berg. Der Cheffotograf hat eine
Fotografieraktion angeordnet, der Chefstadtbesichtiger ist
etwas unzufrieden damit. Er ist aber in der Minderheit:
ich wiederum finde es auf dem Berg in der Polarsonne, Zug hin,
Zug her, nämlich sehr schön.
Es ist sehr idyllisch, irgendwelche roten (Preisel-?) Beeren wachsen,
rechts unter uns verläuft die Hauptstrecke im Tal, wo ein kleiner
Fluß schnell dahinplätschert. Nach Norden hat man Ausblick auf Kola,
die Bucht und Murmansk in der Ferne.
Ab und an ist auf der Hauptstrecke etwas los.
Nach nur 20min warten schlaengelt sich ein 50-Wagen Kohlzug, den man von
diesem goettlichen Standpunkt fast schon im Murmansk sieht, im schoensten
Sonnenlicht durch das felsige Flusstal unter uns.
Ein Güterzug hat sich auf dem Weg in den Süden gemacht.
Ein zweiteiliger blauer Dieseltriebwagen. Was macht der denn da? Ein
Güterzug aus Ri. Süden im Gegenlicht. Stunden später ein Moskauer Schnellzug.
In der Ferne sehen wir auch relativ regen Güterverkehr auf der
Nikelstrecke.
Bei dem Triebwagen soll es sich um den "Dienstwagen" des Chefs der
Eisenbahnverwaltung handeln.
Dann in den Ort. Der Chefstadtbesichtiger kommt schon wieder
nicht zu seinem Recht, weil nach der Fotoorgie erst einmal der
nächste (ich) besseres zu tun hat, nämlich baden zu gehen.
Am Stadtrand ist Bucht oder See. Wir wissen erst nicht, was von
beidem; das Wasser ist aber nicht salzig. Insofern wird mein
heldenhaftes Meerbad bei fast 69° (nördliche Breite, nicht
Wassertemperatur) von meinen despektierlichen Mitreisenden
herabgewürdigt.
Dann mit Kleinbus wieder in die Stadt.
Der Cheffotograf möchte, na was wohl. Der Chefstadtbegeher ist
noch mehr begeistert als vorher, da leiste ich ihm lieber beim
Bummel durch die Stadt Gesellschaft.
Stadt. Einige "Alt"bauten, die durchaus aus der Zeit um 1920
stammen können sind übrig geblieben. In der Innenstadt einige
Straßen im typischen Stil der 50er, der Rest ist neuer. Die
Stadt ist zwar architektonisch nicht sonderlich interessant,
aber recht grün und keineswegs unansehnlich.
Die Läden, auch wenn sie prinzipiell lange und auch Sonntags
auf haben, haben nun, Sonntag nach 18 Uhr doch schon zu.
Schade, es gibt einiges interessante, etwa die in einem Buchladen
aushängende Karte des Murmansker Gebietes (da sie oben bereits
erwähnt ist, folgt daraus, daß ich sie später, auf der
Rückfahrt, in meinen Besitz bringen konnte). Ein Hotel hat
einen Souveniershop (leider auch schon zu), in dem es billig
diverse alte und durchaus gut aussehende sowjetische Fotoapparate
gibt.
Geld beschaffen, etwas schwierig, weil der erwartete Automat in
einem Hotel nicht funktioniert.
Der Cheffotograf legt sich derweil am Bahnhof auf die Lauer, er hat die
Hightech der russischen Eisenbahn in Sachen Wechselstrom entdeckt, eine
rote EP1 (Einrahmenlok, Bo'Bo'Bo') wartet auf den abendlichen Zug nach
Moskau.
Der Chefkneipentester wünscht einen Besuch des Bahnhofsrestaurants.
Das ist schwer und repräsentativ. Vorhänge verhindern allzuviele
Blicke von und nach außen; mit dem Auftritt einer Band ist
zu rechnen. Die Sachen gibt man an einer Garderobe ab.
Was fehlt, sind Gäste und Personal. Letzteres sitzt, uns lange
ignorierend, schwatzend im Nebenraum. Irgendwann kommt eine,
empfiehlt uns was, das kriegen wir dann auch, schmeckt einigermaßen
ordentlich. Ist einigermaßen teuer, teurer als am Tag zuvor
im Hotel.
Abends Obusbesichtigung. Das Netz folgt im wesentlichen der
Stadtstruktur in Nord-Süd-Richtung. Es gibt einige Verästelungen,
im Zentrum fahren die Linien entweder am Bahnhof vorbei oder
nur wenige hundert Meter weiter östlich durch die Innenstadt.
Eine angedachte Komplettnetzbefahrung
wurde schon längst wegen des guten Wetters aus Zeitgründen
verworfen. Und das hat noch einen weiteren Grund:
Die Obusse haben ein spezielles und zutiefst grausiges Feature:
nicht nur automatische Haltestellenansagen, sondern akustische
Werbung im Buslautsprecher. Es nervt!
Aber etwas besonderes muß noch besichtigt werden:
Linie 4, zur Wendeschleife Uliza Admirala Dingsbumsa. Sie sieht
nach nichts besonderem aus, aber es ist der nördlichste
Obus der Welt!
Zurück. Bei einem kleinen See steigen wir aus. Meine Mitreisenden besuchen
Aljosha. Das ist eine überdimensionalen Soldatenstatue mit Blick auf die
abendliche Bucht samt Hafen. Ich habe keine
sonderliche Lust auf Wanderungen, insbesondere weil vor mir ein
Biergarten lockt.
Die Sonne war im übrigen schon vorher untergegangen.
Polarnächte sind im Sommer kurz. Um 23Uhr präsentiert sich der Murmansker Abendhimmel rot.
Und es gibt Murmansker Bier. Anscheinend nur eine Art Gaststättenbrauerei,
sonst nie gesehen. Recht lecker.
Irgendwann kommen die beiden anderen von ihrer Wanderung nach
einer etwas handgreiflichen Diskussion (oder auch nur einer
Flankenfahrt) mit einem Eingeborenen wieder.
Mit Obus ins Hotel.
Dort gibt es nachts ein besonderes Schauspiel, was wir gar nicht
so recht würdigen können, aber in Murmansk soll es so etwas
seit Menschengedenken nicht mehr gegeben haben: ein Gewitter.
Ist die Natur zornig, weil einer von uns Russland verlassen will?
Morgen ist jedenfalls Kollektivtrennung angesagt, Thomas will
weiter nach Finnland, Schweden, Norwegen, Kai & Florian zurück.
Und damit endet auch dieser Bericht, wenn auch nicht ganz doch fast
am Ende der Welt.